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"Kriegslust und Provokation": Koreanische Eiszeit | Frankfurter Rundschau -
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"Kriegslust und Provokation"
Koreanische Eiszeit
VON BERNHARD BARTSCH
Symbolische Gesten sind wichtig in der Politik. Wohl deshalb hat US-Außenministerin
Hillary Clinton am Mittwoch zum Abschluss ihrer Asienreise kurzfristig eine Blitzvisite in
Seoul eingeplant, um Washingtons Solidaritätsbekenntnis in der Cheonan-Krise zu
wiederholen. "Wir werden in dieser schwierigen Stunde an Ihrer Seite stehen und wir
werden immer an Ihrer Seite sein", sagte Clinton nach einem Treffen mit dem
südkoreanischen Präsidenten Lee Myung Bak.
Der Untergang des Kriegsschiffs Cheonan Ende März, bei dem 46 Matrosen starben, sei
eine "inakzeptable Provokation" seitens Nordkoreas, erklärte Clinton und forderte erneut eine Resolution des UN-
Sicherheitsrats. Darüber hinaus erwäge Washington eigene Strafaktionen. "Wir können nicht die Augen vor
Kriegslust und Provokation verschließen." Südkoreanische Medien spekulierten, dass die USA nordkoreanische
Auslandskonten einfrieren lassen könnten.
Wie viel Druck die Weltgemeinschaft auf Nordkoreas Diktator Kim Jong Il auszuüben vermag, ist allerdings
unklar. Clinton hatte in den vergangenen Tagen in Peking vergeblich um eine gemeinsame Strategie im
Sicherheitsrat geworben. Die Vetomacht China, Pjöngjangs engster Verbündeter, möchte eine Destabilisierung
des Kim-Regimes verhindern, weil ein Zusammenbruch Nordkoreas für Peking den Verlust einer exklusiven
Einflusszone bedeuten würde.
Clinton hofft auf Kurswechsel
Am Dienstag hatte Peking seinen Nordkorea-Sonderbeauftragten Wu Dawei nach Seoul geschickt, doch über die
Gespräche wurde bisher nichts bekannt. Womöglich wird sich China aber zum Wochenende zu einer klareren
Position durchringen, wenn Premier Wen Jiabao auf der südkoreanischen Insel Jeju zu einem regionalen
Dreiergipfel mit Lee und Japans Regierungschef Yukio Hatoyama zusammenkommt. Die Japaner, die traditionell
eine harte Linie gegenüber Nordkorea verfolgen, unterstützen Seoul.
Südkoreas Präsident Lee hatte am Montag eine Reihe von Sanktionen gegen Nordkorea verhängt. Handel und
Kooperationsprojekte sollen größtenteils gestoppt werden, mit Ausnahme des gemeinsam betriebenen
Industriegebiets Kaesong sowie humanitärer Hilfe für Kinder.
Unberechenbarer Kim Jong Il
Pjöngjang bezeichnet die Sanktionen als Kriegserklärung und versucht, Stärke zu beweisen. Obwohl Lee die
Industriezone Kaesong von seinen Sanktionen ausgenommen hatte, will nun Kim die dortige Kooperation
stoppen. Südkoreanischen Medien zufolge wurden am Mittwoch acht südkoreanische Beamte ausgewiesen. "Es
werden Maßnahmen ergriffen, um den Zugang von Personal und Fahrzeugen vom Süden vollkommen zu
stoppen", hieß es in nordkoreanischen Medien.
Der Schritt wäre für Nordkorea schmerzhafter als für den Süden, denn Kaesong ist für Pjöngjang eine wichtige
Devisenquelle. In der Industriezone, die 70 Kilometer nordwestlich von Seoul auf nordkoreanischem Territorium
liegt, haben 110 südkoreanische Unternehmen investiert. Sie produzieren dort einfache Waren wie Textilien oder
Schuhe. Die Gehälter der 42000 nordkoreanischen Arbeiter betragen knapp 60 Euro im Monat und dürften direkt
von Pjöngjang einkassiert werden.
Kims scheinbar irrationales und demonstrativ unberechenbares Verhalten macht es schwer, zu erahnen, wie
Nordkorea auf weitere Sanktionen reagieren würde. "Wir können noch nicht vorhersagen, wie die Antworten der
nordkoreanischen Führung aussehen werden", sagte Clinton am Mittwoch. Sie hoffe aber, dass es in Nordkorea
Kräfte gebe, die einen Politikwechsel ermöglichen könnten. "Es gibt für Nordkorea auch einen anderen Weg."
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Dokument erstellt am 26.05.2010 um 17:40:12 Uhr
Letzte Änderung am 26.05.2010 um 22:56:42 Uhr
Erscheinungsdatum 26.05.2010 | Ausgabe: d
URL: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/?em_cnt=2688335&em_loc=1231
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