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20. Mai 2010, 15:38 Uhr
Versenktes Kriegsschiff
Nordkorea droht dem Süden mit "Heiligem Krieg"
Von Andreas Lorenz, Peking
Seoul ist sich sicher: Ein Torpedo aus dem verfeindeten Nordkorea hat das
Kriegsschiff "Cheonan" versenkt. Pjöngjang weist die Anschuldigung zurück und
droht mit Krieg. Jetzt soll US-Außenministerin Clinton vermitteln - doch der
Schlüssel zur Entschärfung des Konflikts liegt in Peking.
Der Konflikt zwischen Nord- und Südkorea eskaliert: Der Süden macht einen
nordkoreanischen Torpedo für den Untergang seines Kriegsschiffes "Cheonan"
verantwortlich. Nach wochenlangen Untersuchungen der Ursachen sei nun "klar", dass
sich eine "starke Unterwasserexplosion, verursacht durch die Detonation eines Torpedos"
ereignet habe, erklärte Seouls Außenminister Yu Myung-hwan. Die südkoreanische
Regierung behalte sich "entsprechende Gegenmaßnahmen in harter und kluger Form"
vor.
Eine unabhängige Kommission aus Militärs und Zivilisten hatte die Ergebnisse an diesem
Donnerstag veröffentlicht. Es sei erwiesen, dass ein Geschoss mit 250 Kilogramm
Sprengstoff - vermutlich von einem kleinen U-Boot - abgefeuert worden sei.
Südkoreanische Taucher hätten Reste eines Propellers, eines Motors und einer
Steueranlage auf dem Meeresboden gefunden. Diese Teile würden "exakt" den
technischen Details des nordkoreanischen Torpedos "CHT-02D" entsprechen, den
Pjöngjangs Militär ins Ausland verkaufe. In der Expertengruppe arbeiteten nicht nur
südkoreanische, sondern auch amerikanische, australische, schwedische und britische
Fachleute mit, hieß es. Ein Teil des Wracks war bereits am 15. April vom Meeresboden
gehoben worden.
"Dieser totale Krieg wird ein heiliger Krieg des Volkes"
Die Nordkoreaner bestritten, hinter der Attacke auf die "Cheonan" zu stecken, bei der am
26. März 46 Seeleute ums Leben kamen. Die Anschuldigung sei eine "Lüge". Pjöngjang
sei bereit, eine Untersuchungskommission in den Süden zu schicken und die
vermeintlichen Beweise zu prüfen, erklärte die Nationale Verteidigungskommission.
In gewohnt schriller Sprache warnten die Nordkoreaner mit harten Gegenmaßnahmen,
"sofortigen Krieg eingeschlossen", sollten die Südkoreaner versuchen, den Norden zu
bestrafen. "Dieser totale Krieg wird ein heiliger Krieg der Nation, des Volkes und des
Staates", drohte Pjöngjang.
Unklar ist, warum die Nordkoreaner ihre Landsleute derart provozierten. Sicher ist
allerdings, dass sich die politische und militärische Lage in Ostasien dramatisch
verschlechtern dürfte. Dabei ist offen, wie die Regierung in Seoul reagieren wird.
Südkorea hat kaum Spielraum für eine Reaktion
Fachleute gehen davon aus, dass die Versuche, die sogenannten Sechs-Parteien-
Gespräche in Peking wiederzubeleben, erst einmal gescheitert sind. Die Verhandlungen
haben zum Ziel, eine atomwaffenfreie koreanische Halbinsel zu schaffen.
Dem Besuch von US-Außenministerin Hillary Clinton in Ostasien kommt nun enorme
Bedeutung zu. Sie wird am Wochenende in China eintreffen und danach weiter nach
Südkorea reisen, "um die nächsten Schritte im Lichte der Untersuchung" zu besprechen,
hieß es in Washington.
Die Südkoreaner haben allerdings wenig Spielraum. Zusätzliche Sanktionen des Uno-
Sicherheitsrats gegen Nordkorea dürften die Herrscher in Pjöngjang nach bisherigen
Erfahrungen wenig irritieren. Südkorea kann sich auch keine militärische Vergeltung
erlauben, das Risiko eines Krieges ist zu groß, die südkoreanische Hauptstadt liegt nur 60
Kilometer von der Grenze zum Norden entfernt.
Auch Nordkorea wird eine weitere Eskalation zugetraut
Möglich wäre es, humanitäre Hilfen an Nordkorea völlig einzustellen. Zudem könnten sich
die Südkoreaner aus der Industriezone bei Kaesong zurückziehen. Dies dürfte allerdings
den Einfluss Chinas auf Nordkorea verstärken, das schon jetzt wichtigster Handelspartner
ist.
Seoul hatte schon vor dem Ende der Untersuchungen diplomatische Schützenhilfe in
China, Russland, den USA und Japan gesucht. Eine Schlüsselrolle bei der Lösung des
Konflikts dürfte dabei Peking zukommen, das mit Pjöngjang verbündet ist. Während
seines Besuchs in China vor wenigen Tagen soll Nordkoreas Herrscher Kim Jong Il
abgestritten haben, mit dem Untergang der "Cheonan" etwas zu tun zu haben.
Fest steht: Die politischen Beziehungen zwischen Nord- und Südkorea sind an einem
neuen Tiefpunkt angelangt. Auch den Nordkoreanern wird zugetraut, die Lage weiter zu
verschärfen. Nicht ausgeschlossen ist ein dritter Atomwaffentest.
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Versenktes Kriegsschiff: Südkorea wirft Norden tödliche Torpedoattacke
vor (20.05.2010)
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